Bozen/Reinswald, 8. Jänner 2019 – Sie hat Olympiagold gewonnen, hat zu Hause sieben WM-Medaillen hängen, sowie 20 Kristallkugeln stehen und ist mit 82 Weltcupsiegen die erfolgreichste Skirennläuferin aller Zeiten. Doch Lindsey Vonn hat noch nicht genug. Nach einer Knieverletzung, die sich Vonn im November beim Training in Copper Mountain zuzog, bereitete sich die 34-jährige US-Amerikanerin in den vergangenen Tagen in Reinswald auf ihr Comeback vor, das sie an diesem Wochenende in St. Anton am Arlberg geben wird. In der Lobby der „The Panoramic Lodge“ in Reinswald, wo der US-Superstar residierte, sprach Lindsey Vonn ausführlich…
… über das Gefühl wieder auf Skiern zu stehen:
Es ist wirklich super. Wir haben ausgezeichnete Bedingungen gehabt hier in Reinswald. Es war ein bisschen kompliziert, weil es in Österreich und fast überall so viel geschneit hat. Hier ist es ein wenig windig, aber wir können trotzdem trainieren und das war sehr wichtig für mich. Ich bin sechs Wochen nicht mehr auf den Skiern gestanden, aber die letzten paar Tage waren gut.
… über ihre besondere Beziehung zu Reinswald:
Die Leute sind sehr freundlich. Es ist nicht selbstverständlich, dass wir in einem Skigebiet willkommen sind. Hier habe ich das Gefühl, dass sich die Menschen freuen, dass wir hier sind. Die Piste eignet sich perfekt, um Super-G zu trainieren. Ich kann mich gut an mein erstes Mal hier in Reinswald erinnern. Das war vor 12 oder 13 Jahren. Ich fühle mich immer sehr wohl hier.
… über ihren aktuellen Fitness-Stand:
Ich habe bis jetzt nur drei Tage auf Schnee trainiert. Ich fühle mich ganz gut, wenn ich auf dem Kurs bin. Die Balance passt. In den vergangenen Jahren war ich fast nie bei 100 Prozent (lacht), deswegen ist es nichts Neues für mich.
… über Rücktrittsgedanken nach schweren Verletzungen, von denen sie in den vergangenen Jahren einige hatte:
Die letzten drei Jahre waren sehr hart. Trotzdem habe ich immer noch das Gefühl, dass ich kämpfen kann, wenn ich die Reha mache. Wenn ich fit bin, kann ich immer noch gewinnen. Mein Körper sagt jetzt aber, es ist genug. Und deshalb werde ich in der kommenden Saison nach Lake Louise aufhören und dem Körper eine Pause geben.
… über ihre Ziele beim Comeback in St. Anton:
Ich denke, dass es noch ein wenig Zeit dauern wird. Schließlich habe ich erst ein paar Tage trainiert. Vielleicht brauche ich ein Rennen, um in den Rhythmus zu kommen und so ein Gefühl dafür zu bekommen, ob ich mein Knie und den Körper pushen kann. Aber für Cortina werde ich dann sicherlich bereit sein. Es ist eine super Strecke für mich, wo ich oft gewonnen habe (12 Mal, Anm. d. Red.). Wenn ich an diesem Wochenende in St. Anton starte, werde ich mir sicherlich nicht so viel erwarten.
… über ihre besondere Beziehung zu Cortina d’Ampezzo:
Ich habe dort 2004 mein erstes Podest im Weltcup geholt und den Rekord für die meisten Weltcupsiege bei den Frauen in Cortina geknackt. Es ist ein wunderschöner Ort und eine super Strecke insgesamt für mich. Hoffentlich habe ich dort dann genügend Selbstvertrauen, um auf dieser Strecke ein gutes Gefühl zu haben.
… über ihre Ziele bei der WM in Are (seit 2007 hat Lindsey Vonn bei jeder Weltmeisterschaft mindestens eine Medaille gewonnen – mit Ausnahme der WM 2013 in Schladming, wo sie sich nach einem Sturz schwer am Knie verletzt hat):
Es wäre ganz gut, wenn ich bei meiner letzten WM eine Medaille gewinnen könnte. Are ist eine Strecke, die mir liegt. Hoffentlich haben wir schönes Wetter. Es ist ab und zu sehr windig da, so wie im Vorjahr beim Finale. Deshalb hoffe ich, dass wir faire Bedingungen haben – und ich noch ein oder zwei Medaillen hole.
… über den Versuch, die Rekordmarke von 86 Weltcupsiegen von Ingemar Stenmark zu übertreffen:
Sicher ist es mein Hauptziel diesen Rekord zu knacken und es gibt mir Motivation. Aber auch wenn ich ihn nicht breche, ist meine Karriere trotzdem unglaublich und mehr, als ich mir je erträumt hätte. Sicher pusht mich der Rekord. Ich hoffe, dass ich es schaffen kann, aber er ist nicht alles im Leben. Ich möchte meine Karriere beenden, sobald ich es entscheide, und nicht wenn mich mein Körper dazu zwingt, weil ich nicht mehr gewinnen kann. Ich denke aber, dass ich es noch drinnen habe.
… über die Erfolge ihrer Teamkollegin Mikaela Shiffrin:
Es ist unglaublich. Im Slalom ist sie unschlagbar, fährt in einer anderen Liga. Sie fährt sehr methodisch und nach Plan. Sie trainiert viel und fährt nicht alle Rennen. Es ist sehr klug, wie sie alles macht. Sie muss aber auch nicht alles fahren und das Risiko eingehen, so wie wir vor ein paar Jahren, als neben mir noch Maria Riesch, Tina Maze oder Anna Fenninger in jedem Rennen auch nur um ein oder zwei Punkte gekämpft haben. Es ist aber super für das US-Team, dass wir mit Mikaela noch einen Superstar haben. Hoffentlich pusht das die nächste Generation.
… über Ihre Gefühle, als sie im vergangenen Jahr ihr Karriere-Ende für November 2019 ankündigte:
Es war sehr schwierig für mich. Ich fahre Ski, seit ich zweieinhalb Jahre alt bin. Ich habe in den vergangenen fünf Jahren aber immer geplant, damit ich nach dem Skifahren etwas zu tun habe. Mir war schon bewusst, dass mein Traum – das Skifahren – nicht das ganze Leben weitergehen kann. Ich bin bereit, aber ich habe sicher auch Angst vor dieser neuen Situation. Ich freue mich jedoch auf diese neue Herausforderung und darauf, ein neues Business aufzubauen.
… über ihre Zeit nach der aktiven Karriere:
Ich möchte eine eigene Beauty-Linie aufbauen. Außerdem möchte ich mit meinen derzeitigen Sponsoren Red Bull, Under Armour, Head usw. weiter zusammenarbeiten. Es macht Spaß, etwas Neues in Angriff zu nehmen. Im Leben muss man nach vorne schauen und von Zeit zu Zeit ein neues Kapitel aufschlagen.
… über Ihre Wünsche für die Zukunft.
Dass ich die Balance finde und dann in meinen neuen Rhythmus hineinkomme. Ich möchte einfach nur happy sein.
Foto: Claire Brown
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